Lernleitfaden

Materialsammlung zur Sensibilisierung in Hinblick auf das Thema ‚Behinderung‘

Projekt Perspektivwechsel

Integration und Inklusion

„Mit der Unterzeichnung der UN–Konvention zur Inklusion im März 2009 hat sich Deutschland verpflichtet, den Weg hin zu einem inklusiven Bildungssystem zu beschreiten. Seither herrscht ein Diskurs über die Intensivierung schulischer Inklusion. Welche Konsequenzen ergeben sich aus der UN–Resolution für das bestehende Bildungswesen?“
Quelle: Schor, Bruno(2010), Inklusive Bildung – wenn nicht jetzt, wann dann? Ein Plädoyer, die UN–Konvention zur Inclusive Education rasch zu realisieren.

Wenn die Gesellschaft bzw. der Staat Menschen mit Behinderung integrieren will, um so die inklusive Bildung und Erziehung irgendwann wirklich zu realisieren, muss noch einiges verändert werden.

Quelle: Unterrichtsmaterial „Ich, du und die anderen“ der deutschen Behindertenhilfe Aktion Mensch e. V.
Dieses Bild zeigt schon eine erste Problematik, die auf dem Weg zur Inklusion bewältigt werden muss.


Der perfekte Mensch

Was bedeutet es, wenn ein Mensch als perfekt gilt? Gibt es überhaupt einen vollkommenen Menschen? Diese Frage kann man durchaus mit gutem Gewissen verneinen. Man muss nicht alle Menschen auf dieser Welt kennen, um zu wissen, dass jeder natürliche Stärken und Schwächen hat. Trotzdem kam es in der Zeit des Nationalsozialismus zu dem Versuch, perfekte Menschen zu erschaffen.

Im Nationalsozialismus

Wenn man sich mit ethischen Fragen zum Thema Behinderung beschäftigt, darf die historische Dimension nicht außer Acht gelassen werden – insbesondere der menschenverachtende Umgang der Nationalsozialisten mit behinderten Menschen sollte Thema sein.

Eugenik als politisches Programm
Die Nationalsozialisten förderten die „Rassenhygiene“ als akademische Disziplin, weil sie wissenschaftliche Begründungen für ihre politischen Ziele lieferte: Der „Erhalt der Rasse“ eignete sich als Argument, um den Geburtenrückgang in den Griff zu bekommen und die Fortpflanzung „Minderwertiger“ zu verhindern. Das 1933 erlassene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ verpflichtete den Hausarzt als „Hüter am Erbstrom der Deutschen“, so genannte Erbdefekte bei den Gesundheitsämtern anzuzeigen. Bis 1939 wurden etwa 350.000 als krank, behindert, „asozial“ oder „schwachsinnig“ erklärte Menschen zwangssterilisiert. Die 1935 erlassenen Nürnberger Gesetze verpflichteten Heiratswillige, vor der Eheschließung eine Gesundheitsprüfung abzulegen. Auch die so genannte „Aktion T 4“ ging auf rassenhygienisches Gedankengut zurück. Ab 1939 wurde in der Berliner Tiergartenstraße 4 der Massenmord an mindestens 120.000 Insassen von Heil- und Pflegeanstalten zentral organisiert: zunächst mit Medikamenten, später in Gaskammern. Nach dem offiziellen Abbruch der Aktion 1941 wurden Anstaltsinsassen weiterhin durch systematischen Nahrungsentzug und Medikamente umgebracht.


Quelle: Unterrichtsmaterial „Ich, du und die anderen“ der deutschen Behindertenhilfe Aktion Mensch e. V.

Forschung in der heutigen Zeit

Auch in der heutigen Zeit wird nachwievor intensiv am Menschen geforscht. Jüngst ging der Begriff „Präimplantationsdiagnosik“ durch die Presse und wurde kontrovers diskutiert. Welche Untersuchungen sind noch als sinnvolle medizinische Maßnahme erklärbar und welche erfüllen nur noch den Wunsch nach Perfektionismus? Wo sind die moralischen Grenzen der Forschung erreicht? Generell wird „[d]ie Freiheit der Forschung […] grundrechtlich geschützt (Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“). Forschungsfreiheit ist aber nicht absolut und muss gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Außerdem zeigen verschiedene Gesetze – vom Tierschutzgesetz über das Embryonenschutzgesetz bis zu den Datenschutzgesetzen – der Forschungsfreiheit Grenzen auf. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft kritisiert Einschränkungen immer wieder als unzulässig und betont, dass dies zur Abwanderung deutscher Fachkräfte und Forscher ins Ausland führen wird. Ein Beispiel aus dem bioethischen Bereich, bei dem über die Grenzen der Forschungsfreiheit intensiv gestritten wird, ist die embryonale Stammzellforschung. Zur Diskussion steht einerseits, ob Embryonen Menschenwürde besitzen – wenn ja, dann dürften sie nicht für Forschungszwecke bereitgestellt werden. Andererseits wird darüber diskutiert, ob bei der Spende von Embryonen und Eizellen von einer freiwilligen Entscheidung gesprochen werden kann.“
Quelle: Unterrichtsmaterial „Ich, du und die anderen“ der deutschen Behindertenhilfe Aktion Mensch e. V.

Die Diskussionsfrage, die am Ende des obigen Textes steht, stellt eine der wichtigsten moralischen Fragen überhaupt dar. Wer hat ein Recht auf Leben und wer darf dies bestimmen? Dies kann niemand zur allgemeinen Zufriedenheit beantworten, aber jeder hat eine Meinung zu dieser Frage. Es ist uns wichtig, dass sich jeder Gedanken darüber macht, welche Gefahren und Chancen mit der Forschung zum vermeintlich perfekten Kind bzw. Menschen verbunden sind.


Arbeitsaufträge


Was ist eine „ UN-Konvention“?

Der Text von Dr. Bruno Schor (Ltd. Akademischer Direktor der Ludwig – Maximilians –Universität) „Inklusive Bildung – wenn nicht jetzt, wann dann? Ein Plädoyer, die UN–Konvention zur Inclusive Education rasch zu realisieren“ ist hier für Lehrer oder ältere, interessierte Schüler einseh- bzw. abrufbar.


Hier findet hier verschiedene Themen. Sucht euch eines dieser Themen aus und recherchiert weitere Informartionen zu ihm im Internet oder in eurem Umfeld. Stellt eure Ergebnisse am nächsten Tag in der Klasse vor.
Weiterführende Recherchethemen
. Menschen mit Behinderungen in unserer Schule, in Familie, Verein, Freundeskreis
. Aktionen von Interessengruppen von Menschen mit Behinderung im lokalen Umfeld
. Institutionen, die die Integration von Menschen mit Behinderung fördern
. Werkstätten für Menschen mit Behinderung
. Frühförderstellen in der Stadt/Gemeinde (Recherche von Frühförderstellen über die Adressdatenbank des Familienratgebers unter www.familienratgeber.de)
. Unterschiedliche Standards von Förderung in verschiedenen Bundesländern (ein Flyer zur Föderalismusreform „Von Land zu Land, von Fall zu Fall? Behindertenpolitik wird Ländersache“ kann kostenlos bei der Aktion Mensch, Heinemannstraße 36, 53175 Bonn bestellt werden)

Quelle: Unterrichtsmaterial „Ich, du und die anderen“ der deutschen Behindertenhilfe Aktion Mensch e. V.


Integration ja oder nein?
Bildet zwei Gruppen und diskutiert die jeweiligen Standpunkte miteinander.
Pro: Eine Elterninitiative möchte einen integrativen Kindergarten gründen.
Contra: Die Vertreter der Gemeinde verweisen auf bereits bestehende Behinderteneinrichtungen.